Militär
Marschflugkörper
JASSM
Beschreibung
Bei der AGM-158 JASSM (Joint Air-to-Surface Standoff Missile) handelt es sich um eine Familie von Unterschall-Marschflugkörpern (subsonic) mittlerer bis hoher Reichweite. Der vom US-Konzern Lockheed Martin für die US Air Force produzierte Marschflugkörper ist schwer zu orten und wird aus der Luft gestartet (Air-launched Cruise Missile). Es gibt Varianten gegen Landziele (Land-attack Cruise Missile) und eine gegen Schiffsziele (Anti-ship Cruise Missile).

Technik
Die Zelle besteht vollständig aus Verbundwerkstoffen und ist vor allem auf eine geringe Radar- und Infrarotsignatur ausgerichtet. So weist sie, im Gegensatz zu den meisten aktuellen Marschflugkörpern, keine Winkelreflektoren, unregelmäßige Oberflächen oder rohrförmigen Komponenten auf. Durch diese Maßnahmen soll auch das Umgehen und Bekämpfen von modernen Flugabwehrsystemen (z. B. S-300VM oder 9K330 Tor) ermöglicht werden, die für die Bekämpfung von konventionellen Marschflugkörpern konzipiert wurden. Um die Reichweite zu erhöhen, besitzt die JASSM zwei Schwenkflügel, die für zusätzlichen dynamischen Auftrieb sorgen. Diese sind, wie das Seitenruder, aus Gründen der Platzersparnis eingeklappt und werden erst unmittelbar nach dem Abwurf ausgeklappt.
Die JASSM navigiert mit einem GPS/INS-System, wobei bei dem GPS-Empfänger großer Wert auf Störfestigkeit gelegt wurde. Zur Verbesserung der Präzision wird im Endanflug ein FLIR-Sensor aktiviert, welcher mittels Mustererkennung ein bestimmtes Gebiet nach dem Ziel absucht. Hierdurch ist auch begrenzt die Bekämpfung von mobilen Zielen möglich.
Der Gefechtskopf WDU-42/B enthält 110 kg Sprengstoff vom Typ AFX-757, welcher eine erheblich intensivere Wirkung aufweist als bisherige Mischungen und an die Sprengkraft eines gut doppelt so schweren konventionellen Sprengkopfes heranreichen soll. Darüber hinaus ist die Mischung insensitiv, die Gefahr von unbeabsichtigten Explosionen, zum Beispiel durch einen Cook off, ist somit erheblich geringer als bei früheren Sprengstoffen. Der Zünder besitzt mehrere Betriebsmodi, um sowohl Oberflächenziele als auch verbunkerte und gehärtete Objekte wirksam bekämpfen zu können.
Primär wird der JASSM von Bombern und Kampfflugzeugen gestartet. Des Weiteren kann der Marschflugkörper mit dem Rapid Dragon-System mittels Transportpaletten über die Laderampe von Transportflugzeugen (C-130 Hercules, C-17 Globemaster) abgeworfen und gestartet werden.
Versionen
AGM-158A | AGM-158B | AGM-158C | AGM-158D | |
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JASSM | JASSM-ER | LRASM | JASSM-D | |
Klassifizierung | LACM | LACM | ASCM | LACM |
Einführung | 2003 | 2014 | 2019 | |
Produktion | 2003 - heute | 2014 - heute | 2019 - heute | |
Länge | 4,287 m | 4,287 m | 4,26 m | |
Breite | 550 mm | 635 mm | 635 mm | |
Höhe | 450 mm | 450 mm | 450 mm | |
Spannweite | 2,7 m | 2,7 m | 2,7 m | |
Gewicht | 1.021 kg | 1.200 kg | 1.250 kg | 2.368 kg |
Gefechtskopf | • WDU-42/B • HE-FRAG • breaching • 450 kg | • WDU-42/B • HE-FRAG • breaching • 450 kg | • WDU-42/B • HE-FRAG • breaching • 450 kg | • HE-FRAG • 900 kg |
Triebwerk | Turbojet J402-CA-100 | Turbofan F107-WR-105 | Turbofan F107-WR-105 | |
Geschwindigkeit | Mach 0,85 | Mach 0,9 | Mach 0,9 | |
Reichweite | 350 km | 1.000 km | 926 km | 1.800 km |
Lenkung | • INS • GPS | • INS • GPS • 2-way Datalink | • INS • GPS • 2-way Datalink | |
Zielführung | • IRT • EO | • IRT • EO | • IRT • EO | |
Zielabweichung | 3 m | 3 m | 3 m | |
Startplattform | • B-52H Stratofortress • B-1B Lancer • F-15E Strike Eagle • F-16C/D Fighting Falcon • F/A-18E/F Super Hornet • F-35 Lightning II | • B-52H Stratofortress • B-1B Lancer • B-2 Spirit • F-15E Strike Eagle • F-16C/D Fighting Falcon • F/A-18E/F Super Hornet • F-35 Lightning II | • B-1B Lancer • F-16C/D Fighting Falcon • F/A-18E/F Super Hornet • F-35 Lightning II | • B-52H Stratofortress • B-1B Lancer • F-15E Strike Eagle • F/A-18E/F Super Hornet • F-35 Lightning II |
JASSM (AGM-158A)
Die Entwicklung der JASSM begann 1995, unmittelbar nachdem das Programm AGM-137 TSSAM wegen zu hoher Kosten abgebrochen worden war. Das Entwicklungsziel war nun ein weit reichender, kostengünstiger und präzisionsgelenkter Flugkörper mit Stealth-Form (Tarnkappentechnik), der erheblich weniger kosten sollte als der TSSAM.
Die ersten Flugtests fanden im November 1999 statt, und die Entwicklungstests begannen im Januar 2001. Die Vorserienproduktion lief im Dezember desselben Jahres an, und Mitte 2002 begann die operationelle Testphase, welche im April 2003 abgeschlossen wurde. Im Oktober 2003 wurde der JASSM für voll einsatzfähig erklärt und die Serienproduktion gestartet.
Während der Testphase zeigte der JASSM oft nur eine geringe Zuverlässigkeit, weswegen es vielfach zu Verzögerungen und Budgetproblemen kam. Hauptproblem war oft der neue, besonders störfeste GPS-Empfänger. Es wurden daher weitere Mittel bewilligt, um die Zuverlässigkeit zu erhöhen. Während der 2009 durchgeführten Tests des entsprechend modifizierten siebten Bauloses trafen 15 von 16 abgefeuerten Marschflugkörpern.
Die US Air Force verfügt über knapp 1500 Marschflugkörper dieses Typs (Stand: August 2015). Die Stückkosten belaufen sich auf etwa 400.000 US Dollar.
JASSM-ER (AGM-158B)
Die US Air Force untersuchte verschiedene Verbesserungen der ersten JASSM Version, was zur Entwicklung der JASSM-ER (AGM-158B) führte. Die erste Flugerprobung fand im Januar 2006 statt, die zweite Testphase wurde im August 2012 abgeschlossen und im April 2014 wurden die ersten Serienmodelle ausgeliefert. Die Air Force plant die Beschaffung von 2.500 JASSM-ER (Stand: August 2012).
Mit einem effizienteren Triebwerk und einem größeren Treibstoffvolumen in einer Zelle mit den gleichen Außenmaßen, hat der JASSM-ER eine größere Reichweite. Weitere mögliche Verbesserungen wurden untersucht, aber letztlich nicht umgesetzt, darunter ein Sprengkopf mit Submunitionsspender und neuartige Zielsuchköpfe. Der JASSM-ER weist 70 % Hardware- und 95 % Software-Übereinstimmung mit der ursprünglichen JASSM auf.
Die eigentliche Plattform für den JASSM-ER ist die B-1B Lancer. Während sowohl der JASSM als auch der JASSM-ER mehrere Zentimeter zu lang sind, um im internen Waffenschacht der F-35 Lightning II transportiert zu werden, kann die F-35 beide Marschflugkörper extern tragen, was die Tarnkappeneigenschaften des Flugzeugs beeinträchtigt. Später wurde der JASSM-ER auch in die B-52H, F-15E und F-16C/D integriert.
Die B-1B kann 24, die B-2 16 und die B-52H, ausgestattet mit dem Internal Weapons Bay Upgrade (IWBU) 1760, 20 JASSM-ER (8 intern und 12 an externen Pylonen) tragen.
LRASM (AGM-158C)
Der JASSM-ER ist die Basis für den Langstrecken-Schiffsabwehrmarschflugkörper LRASM (Long Range Anti-Ship Missile) der US Navy. Der LRASM sollte ursprünglich nicht auf der B-1B eingesetzt werden, sondern war lediglich als Technologiedemonstrator gedacht. Im Februar 2014 genehmigte das Pentagon jedoch die Integration der LRASM in Luftplattformen, einschließlich der B-1B der US Air Force als operative Waffe, um den Bedarf der US Navy und der US Air Force an einer modernen Schiffsabwehrmarschflugkörper zu decken. Im Dezember 2018 erreichte er auf der B-1B die Einsatzfähigkeit.
Der LRASM löst die seit 1976 im Dienst befindliche Harpoon (RGM-84) ab und kann von Flugzeugen oder Schiffen gestartet werden. Im Gegensatz zur Harpoon kann der LRASM allerdings wie die Tomahawk Anti Ship Missile (TASM) aus dem Vertical Launching System (VLS) Mk 41 abgefeuert werden.
Um die Begrenzungen aktueller amerikanischer Anti-Schiffswaffen zu überwinden und möglichst schnell eine einsatzfähige Waffe zu erhalten, basiert der LRASM zu großen Teilen auf der JASSM-ER (88 % der Teile sind identisch). Übernommen wurden neben der Tarnkappen-Flugzelle auch der Weapon Data Link, das störresistente GPS-System und der abbildende Infrarotsuchkopf. Darüber hinaus wurde zusätzlich noch ein passiver Radarsucher und ein neuer Radarhöhenmesser integriert um tiefer über der Meeresoberfläche fliegen zu können und Ziele auf große Distanz anhand ihrer Radar-Emissionen orten zu können. Ein besonderes Augenmerk lag auf der Entwicklung einer intelligenten Software, die es dem Marschflugkörper ermöglicht, auch ohne externe Informationen (GPS oder Datenlink) das Ziel zu finden und anzugreifen. Hierbei werden primär die Daten des abbildenden Infrarotsuchkopfes und des Radarsuchers kombiniert, um ein feindliches Ziel sicher zu finden und in optimaler Weise anzufliegen.
JASSM-D (AGM-158D)
Seit 2018 wird der JASSM-XR (eXtreme Range) entwickelt. Er ist länger, um mehr Treibstoff fassen zu können, was ihm eine größere Reichweite ermöglicht. Die als JASSM-D bezeichnete Version soll ab 2023 einsatzbereit sein.
Der Marschflugkörper soll von Bombern und Kampfflugzeugen wie der F-15E, F/A-18E/F und F-35 getragen werden, ist aber aufgrund seiner Größe und des höheren Gewichts nicht für leichtere Kampfflugzeuge wie die F-16 geeignet.
Betreiber
Land | Version |
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Ergänzende Artikel
Hintergrundwissen Marschflugkörper • Übersicht Marschflugkörper • CM Hyunmoo 3 • CM Kalibr • CM Storm Shadow • CM Tomahawk