Lexikon

Maritimes

Untergang der Pamir

Geringe Zahl der Überlebenden

Neben den Ursachen für den Untergang der Pamir stand die Frage im Vordergrund, weshalb trotz schnellen Anlaufs der intensiven Rettungsaktion so wenige Besatzungsmitglieder überlebten. Dabei wurde vor allem das kurzfristige und wenig geplante Verlassen der sinkenden Pamir kritisiert.

Die Rettungsboote

Ein großes Problem waren offenbar die Rettungsboote. Erst relativ kurz vor dem Untergang der Pamir wurde versucht, die Boote ins Wasser zu lassen. Zu dieser Zeit befanden sich die Rettungsboote an Backbord aufgrund der starken Schlagseite jedoch bereits unter Wasser, während die Boote auf der Steuerbordseite aufgrund der hohen Schräglage nicht mehr zu Wasser gelassen werden konnten. So standen der Besatzung später nur drei Rettungsboote zur Verfügung, die sich vor oder beim Kentern losgerissen hatten und stark beschädigt waren. In der stürmischen See trieben sie zudem nicht in unmittelbarer Nähe des Schiffes.

Die Pamir war außerdem mit drei aufblasbaren Rettungsinseln ausgerüstet, von denen aber zwei vor dem Untergang an Bord nicht aufzufinden waren. Nach widersprüchlichen Angaben wurde die dritte Rettungsinsel zunächst von mehreren Besatzungsmitgliedern benutzt; als sie später eines der drei Rettungsboote sahen, gaben sie die Rettungsinsel auf und schwammen zum Boot. In anderen Angaben, gestützt auf ein Interview mit dem Überlebenden Karl-Otto Dummer, wird die Rettungsinsel in diesem Zusammenhang hingegen nicht erwähnt. Nach Dummer hielten sich ca. 20 Schiffbrüchige anschwimmenden Wrackteilen fest; zehn von ihnen sei es gelungen, zu dem treibenden Rettungsboot zu gelangen. Es scheint keine weiteren Angaben von Überlebenden dazu zu geben, dass die Rettungsinsel noch von anderen Schiffbrüchigen benutzt worden wäre.

Der Überlebende Karl-Otto Dummer gab an, dass wahrscheinlich schon viele [der Besatzungsmitglieder] ertrunken seien, als die Pamir kenterte und die Seeleute von Deck ins Wasser stürzten. Nach anderen Berichten sollen zudem mehrere Besatzungsmitglieder im Schiff geblieben oder beim Kentern unter das Schiff geraten sein. Etwa fünf Seeleute kletterten nach dem Kentern auf den Rumpf der Pamir, vermutlich im Glauben, dass das Schiff nicht sinken könne. Andere Seeleute verwickelten sich im Tauwerk und wurden von der Pamir unter die Wasseroberfläche gerissen.

Die starken Schäden der drei verfügbaren Rettungsboote verringerten in mehrfacher Weise die Überlebenschancen der Männer. So waren die Rettungsboote aufgrund der Schäden weitgehend mit Wasser vollgelaufen und lagen dadurch sehr tief im Wasser - sie schwammen überhaupt nur noch aufgrund von wenigen nicht zerstörten Lufttanks. Nach Aussagen des Überlebenden Dummer stand das Wasser den Männern im Rettungsboot Nr. 5 bis zur Brust; der Überlebende von Boot Nr. 2 harrte auf der Reling des vollgelaufenen Boots aus.

Die niedrige Lage der Boote führte einerseits dazu, dass einige der Männer in den Booten ertranken (so mindestens zwei Männer im Boot Nr. 5). Andererseits waren die niedrig liegenden Boote mit den wenig über die Wasseroberfläche herausragenden Oberkörpern der Schiffbrüchigen in der noch immer tobenden See kaum zu entdecken, so dass mehrere Schiffe in Sichtweite an den Booten vorbeifuhren, ohne sie zu entdecken. Die Männer von Rettungsboot Nr. 5 bauten am Morgen des 23. September schließlich einen Mast in ihrem Boot, um ihre Rettungschancen zu verbessern.

Erschwerend kam hinzu, dass durch die Schäden an den Rettungsbooten die Seenotrettungsmittel (Leuchtraketen) nass und unbrauchbar geworden oder verloren gegangen waren. Dadurch hatten die Überlebenden in den Booten später keine Möglichkeit, Suchschiffe und -flugzeuge auf sich aufmerksam zu machen. Vor allem nachts wurde ein Sucherfolg dadurch praktisch unmöglich. Dazu kam noch die unauffällige Farbe der Boote; die Holzrümpfe waren, wie damals verbreitet, nicht farbig lackiert und dadurch auch bei Tage schon auf kurze Entfernungen nur noch sehr schwer zu entdecken. An der Suchaktion Beteiligte gaben später an, dass die deutlich kleineren, aber gefärbten Schwimmwesten noch auf sehr viel weitere Distanzen gesehen wurden.

Ein weiteres Problem war, dass auch die in den Booten gelagerten Vorräte einschließlich der Trinkwasservorräte großenteils verloren gegangen waren. Da die Rettungsboote nicht von der Pamir aus bestiegen worden waren, hatte die fehlende Ausstattung auch nicht mehr ergänzt werden können. So verfügten die zehn Besatzungsmitglieder, die sich zunächst in das Rettungsboot Nr. 5 hatten retten können, nach Aussagen des Überlebenden Dummer nur über wenige Dosen Büchsenmilch. In einer anderen Darstellung ist nicht von Büchsenmilch, sondern von einem im Boot gefundenen Frischwasser-Fass und wenigstens einer mitgebrachten Schnapsflasche die Rede; beides sei jedoch verloren gegangen, als das beschädigte Boot einmal in der stürmischen See kenterte.

Übereinstimmend wird jedenfalls Durst als eines der größten Probleme der Schiffbrüchigen dargestellt. Zwei der zehn Männer im Rettungsboot Nr. 5 tranken schließlich Salzwasser und verließen halluzinierend das Boot. Ein weiterer schwamm nur zwei Stunden vor dem Eintreffen des rettenden Schiffs Saxon fort und konnte nicht mehr gefunden werden. Ähnliche Szenen sollen sich im Rettungsboot Nr. 2 abgespielt haben, in dem zunächst 20 bis 22 Menschen Schutz gefunden hatten und nach Aussagen des einzigen Überlebenden von ihnen, Günther Haselbach, selbst 24 Stunden vor Eintreffen der Retter noch zehn Menschen am Leben waren.

Weitere Ursachen

Die geringe Zahl der Überlebenden ist nach Ansicht mancher Kommentatoren, durch fehlendes Essen und vor allem Trinken auf der Pamir direkt vor dem Untergang noch verschärft worden. Unter anderem waren kurz vor dem Kentern anstelle des Mittagessens nur Zigaretten und mehrere Flaschen Schnaps ausgegeben worden. Zwar war ein ausgefallenes Essen auf einem durch Sturm fahrenden Großsegler nicht ungewöhnlich. Es wurde aber darauf hingewiesen, dass beispielsweise die Besatzungsmitglieder der im Falklandkrieg mit einem Torpedo versenkten ARA General Belgrano, die ebenfalls zwei oder drei Tage ohne Essen und praktisch ohne Wasser ausharrten, direkt vor dem Untergang sehr gut ernährt waren.

Daneben wurde über die mentale Verfassung, vor allem aufgrund des Alters der Besatzung, spekuliert. 51 der 86 Besatzungsmitglieder waren Kadetten in der Ausbildung, und insgesamt 45 der Besatzungsmitglieder waren unter 18 Jahren alt. Dazu kam, dass das Verlassen der Pamir nicht vom Kapitän in organisierter Weise veranlasst worden war. Daher wird angenommen, dass einige der Überlebenden ihr Leben in dieser Extremsituation schneller aufgegeben haben als eine professionelle Schiffsbesatzung mit besserer mentaler Vorbereitung.

Nachträglich schwer einzuschätzen ist, welchen Anteil Haie an dem Schicksal der Schiffbrüchigen hatten. In dem Gebiet, in dem die Pamir unterging, gab es zwar nach übereinstimmenden Angaben viele Haie, und vom Seeamt Lübeck wurden auch Zusammenhänge zu den Spuren von menschlichen Körpern hergestellt, die am 25. September mit zusammengebundenen Schwimmwesten gefunden worden waren. Auch fielen möglicherweise einige Insassen der Rettungsboote Haien zum Opfer, als sie von den Booten fortschwammen.

Dennoch kann offensichtlich nur spekuliert werden, ob bzw. wie viele Schiffbrüchige durch Haie starben und wie viele bereits vorher ertrunken waren bzw. wie viele später ertrunken wären. So ist zu vermuten, dass einige Besatzungsmitglieder noch im Hurrikan ertrunken sind. In großer Nähe der Wasseroberfläche (Kopf eines schwimmenden Menschen) kann allein die Gischt inmitten eines schweren Sturms zum Einatmen so vieler kleiner Wasserpartikel führen, dass sie von der Lunge nicht schnell genug abgebaut werden können und nach etwa einer Stunde den Ertrinkungstod auslösen können.

In diesem Zusammenhang ist dann auch zu sehen, dass laut einem Schwimmwesten-Hersteller einige Seeleute geborgen wurden, die trotz Tragen einer Schwimmweste mit dem Gesicht nach unten im Wasser trieben. Anders als moderne so genannte ohnmachtssichere Schwimmwesten, die selbst einen Schlafenden oder Ohnmächtigen in Rückenlage mit dem Gesicht über Wasser halten, hätten die damaligen Westen die Besatzungsmitglieder nicht genügend vor dem Ertrinken schützen können. Mögliche Probleme beziehen sich offensichtlich nicht nur auf die Schwimmwesten der Pamir, sondern auf frühere Schwimmwesten-Modelle allgemein. Angesichts der wiederholt betonten Haigefahr ist generell unklar, ob die Angaben über die in Bauchlage geborgenen Leichen wirklich zutreffen. Aber selbst dann wäre aus den oben genannten Gründen nicht sicher, ob die Toten tatsächlich wegen der Schwimmwesten ertranken.

Zusammenfassung

Insgesamt wird daher davon ausgegangen, dass die hohe Opferzahl des Untergangs der Pamir maßgeblich durch das späte und wenig vorbereitete Verlassen des Schiffes bzw. das Fehlen ausreichender und gut ausgestatteter Rettungsboote und Rettungsinseln ausgelöst worden ist. Inwieweit das Kentern der Pamir für Kapitän und Offiziere aber überhaupt rechtzeitig voraussehbar war, ist durch die strittige Ursache des Untergangs schwer zu beurteilen. Nicht zuletzt muss die Opferzahl außerdem vor der Tatsache gesehen werden, dass die Pamir im Auge eines starken Hurrikans - des stärksten des Jahres 1957 - und in einer Gegend sank, in der es viele Haie gab.

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