Militär
Munition
ERFB
| Allgemeine Informationen | |
| Entwurfsland | Kanada |
| Entwicklung | Firma Space Research Corporation |
| Hersteller | Denel SOC Ltd. Rheinmetall AG |
| Entwicklung | 1975 - 1990 |
| Produktion | 1995 - heute |
| Einführung | 1995 |
| Stückpreis | |
| Typ | reichweitegesteigerte Granate |
| Waffenplattform | 155 mm Haubitzen |
| Technische Daten | |
| Länge | 900 - 980 mm (35.4 - 38.6 in) |
| Durchmesser | 155 mm (6.1 in) |
| Gewicht | 42 - 48 kg (92.6 - 105.8 lb) |
Beschreibung
Das Extended-Range-Full-Bore-Geschoss (ERFB) ist ein Artilleriegeschoss mit erhöhter Reichweite. Diese Reichweitensteigerung von ca. 30 % wird primär durch eine verbesserte aerodynamische Form des Geschosses erreicht.
ERFB-Geschosse erfüllen die Vorgaben des Joint Ballistics Memorandum of Understanding (JBMoU) der NATO und können mit verschiedenen modernen 155-mm-Geschützen eingesetzt werden.
Entwicklung
Das ERFB-Geschoss wurde von der kanadischen Firma Space Research Corporation (SRC) entwickelt. Ab Anfang der der 1970er-Jahre arbeitete man dort an dem 155-mm-Artilleriegeschütz GC-45, mit welchem man bislang unerreicht große Schussweiten erzielen wollte.
Während US-Entwickler zur Reichweitensteigerung Artilleriegeschosse mit zusätzlichem Raketenantrieb entwickelten, verfolgte Gerald Bull (SRC) einen anderen Weg. Er wollte eine Reichweitensteigerung ohne Raketenantrieb erreichen, da sich bei Artilleriegeschossen mit Raketenantrieb die Streuung massiv erhöht und die Sprengstoffmenge im Geschoss reduziert.
Daher untersuchten die Entwickler bei SRC die deutsche 21-cm-Kanone 12 (E) aus dem Zweiten Weltkrieg. Insbesondere analysierten sie die verwendeten Geschosse und deren Flugbahnen. Daraus schlossen die Entwickler, dass sich mit einer Kombination aus einem langen Geschützrohr und aerodynamisch optimal geformten Geschossen, die mit einer hohen Mündungsgeschwindigkeit verschossen werden, sehr große Schussdistanzen erzielen ließen. So wurden zusammen mit der GC-45-Artilleriegeschütz das erste serienreife ERFB-Geschoss mit der Bezeichnung Mk 10 entwickelt.
Anfang der 2000er-Jahre wird von Denel und Rheinmetall Denel Munition die 155-mm-Munitionspalette Assegai mit Extended-Range-Full-Bore-Geschossen der Serie 2xxx eingeführt. Diese Munitionspalette beinhaltet auch ein V-LAP-Geschoss (Velocity-enhanced Long-range Artillery Projectile). Seit 2014 bietet beide Hersteller die verbesserten Geschosse der Serie 9xxx an. Diese Serie beinhaltet auch ein verbessertes V-LAP-Geschoss mit der Bezeichnung M9703. Die ERFB-Geschosse der 9xxx-Serie zählen zu den weltweit leistungsstärksten Geschossen ihrer Art.
Aufbau
Die Geschosse verfügen über ein spitzes und aerodynamisches Profil, bei dem sich die zur Geschossspitze zulaufende Ogive nahezu über die gesamte Geschosslänge erstreckt. Das Geschossende ist gegen den hohl ausgebildeten Geschossboden mit 2 bis 5° konisch zulaufend. Die Geschosskörper werden in einem Stück aus AHSS-Schmiedestahl (AISI-9260) gefertigt.
An der Geschossspitze ist eine Vertiefung mit einem Gewinde angebracht. In dieser ist bei der Auslieferung aus dem Werk eine Ringschraube bzw. Transportöse eingeschraubt. Vor dem Einsatz wird diese entfernt und durch den Zünder ersetzt. Dahinter befindet sich der Gefechtskopf.
Das Geschossende ist modular aufgebaut. Standardmäßig ist ein Hohlboden aufgeschraubt. Dieser kann im Feld durch einen Base-Bleed-Glimmsatz ausgetauscht werden.
Zur Geschossführung im Geschützrohr sind auf mittlerer Höhe, auf der Geschossoberfläche vier bis sechs geschwungene Noppen (ähnlich wie Keilwellen) angebracht, welche bündig an die Rohrwandung anschließen. Während des Geschossfluges streicht die Zugluft über die aerodynamisch geschwungenen Noppen und erzeugt so einen Geschossdrall.
Zur Abdichtung des Verbrennungsraumes zwischen Rohrwand und Geschoss sind oberhalb des konischen Geschossbodens zwei bis vier Führungsbänder angebracht. Diese werden beim Abschuss in die Züge des Geschützrohres gepresst.
Gefechtskopf
Als Füllung kommt Sprengstoff (für Sprenggeschosse), Weißer Phosphor und Roter Phosphor (für Nebelgeschosse) oder 42 bis 72 Bomblets (für Streumunition) zum Einsatz.
Der Gefechtskopf enthält 8,2 bis 8,6 kg Sprengstoff der Sorten Composition B oder TNT. Die ERFB-Geschosse können mit einem Aufschlag-, Näherungs-, Verzögerungs- oder Zeitzünder bestückt werden. Bei der Detonation erzeugt ein solches Geschoss 4.750 bis 12.000 Splitter.
Treibladung
Es kommen modulare Treibladungsbeutel oder Kunststoffbehälter (Zonenladungen) zum Einsatz. Das heißt, das Geschoss und die Treibladungen werden nacheinander geladen. Verwendet werden können zum Beispiel NATO-Standard-Treibladungen wie M3A1 (Zonen 3, 4 und 5), M4A2 (Zonen 3, 4, 5, 6 und 7), M119A1 (Zone 8), M203 (Zone 9) oder M11 (Zone 10). Letztere kann nur bei Geschützen ab 45 Kaliberlängen (L/45) eingesetzt werden.
Spezifikation
Während normale 155-mm-Geschosse einen ballistischen Koeffizienten von 0,47 bis 0,52 aufweisen, liegt dieser Wert bei ERFB-Geschossen mit 0,28 bis 0,38 deutlich niedriger.
Wie bei herkömmlichen Artilleriegeschossen verringert sich auch bei ERFB-Geschossen mit zunehmender Schussdistanz die Zielgenauigkeit und die Streuung nimmt zu. Gegenüber herkömmlichen Artilleriegeschossen erreichten frühe ERFB-Geschosse, auch bei kurzen Schussdistanzen, eine geringere Zielgenauigkeit.
Bei modernen Geschossen mit ebenso modernen Geschützen liegt die Zielabweichung (unter optimalen Bedingungen) bei 0,35 bis 0,4 % in der Schussdistanz sowie bei rund 0,1 % im Azimut. Bei reichweitegesteigerten ERFB-BB-Geschossen liegt die Streuung bei 0,48 bis 0,5 % in der Schussdistanz. Diese Werte beziehen sich auf 75 % der max. Schussdistanz, der optimalen Schussweite der Artillerie.
Bei ERFB-Geschossen mit Raketenantrieb verringert sich die Zielgenauigkeit auf große Schussdistanzen zusätzlich. Generell erreichen ERFB-BT/HB-Geschosse eine größere Zielgenauigkeit als ERFB-BB-Geschosse, besitzen aber eine geringere Reichweite.
Da ERFB-Geschosse nicht wie herkömmliche Artilleriegeschosse konstruiert sind, die minimal überkalibrig ausgeführt sind (umso in die Züge gepresst zu werden), erreichen sie eine deutlich höhere Mündungsgeschwindigkeit von bis zu über 1000 m/s. Während bei den ersten ERFB-Geschossen der beim Abschuss maximal zulässige Gasdruck 3.500 bar betrug, liegt dieser bei neueren Modellen bei rund 4.500 bar.
Geschosstypen
| Offiziel | Bezeichnung | |
|---|---|---|
| ERFB-HB | Extended Range Full Bore Hollow Base | ERFB mit Hohlboden am Geschossende |
| ERFB-BT | Extended Range Full Bore Boat Tail | ERFB mit einem Heckkonus mit reduziertem Basisdurchmesser und Hohlboden am Geschossende |
| ERFB-BB | Extended Range Full Bore Base Bleed | ERFB mit Base-Bleed-Glimmsatz am Geschossende |
| ERRAP | Extended Range Rocket Assisted Projectile | ERFB mit zusätzlichem Raketenantrieb |
| ERFB-RA/BB | Extended Range Full Bore Rocket assisted / Base Bleed | ERFB mit Base-Bleed-Glimmsatz am Geschossende und zusätzlichem Raketenantrieb |
| V-LAP | Velocity-enhanced Long-range Artillery Projectile | ERFB mit Base-Bleed-Glimmsatz am Geschossende und zusätzlichem Raketenantrieb |
Schussdistanzen
Folgende Schussdistanzen werden mit 155-mm-ERFB-Geschossen der Assegai-Serie, mit einem Geschütz mit 45 Kaliberlängen (L/45) sowie einer 23-Liter-Brennkammer erzielt:
| Geschosstyp | Beschreibung | V0 | Schussdistanz |
|---|---|---|---|
| ERFB-BT | Extended Range Full Bore Boat Tail | 911 m/s | 31,6 km |
| ERFB-BB | Extended Range Full Bore Base Bleed | 908 m/s | 40,5 km |
| V-LAP | Velocity-enhanced Long-range Artillery Projectile | 912 m/s | 54,0 km |
Folgende Schussdistanzen werden mit 155-mm-ERFB-Geschossen der Assegai-Serie, mit einem Geschütz mit 52 Kaliberlängen (L/52) sowie einer 25-Liter-Brennkammer erzielt:
| Geschosstyp | Beschreibung | V0 | Schussdistanz |
|---|---|---|---|
| ERFB-BT | Extended Range Full Bore Boat Tail | 995 m/s | 38,4 km |
| ERFB-BB | Extended Range Full Bore Base Bleed | 1.015 m/s | 50,1 km |
| V-LAP | Velocity-enhanced Long-range Artillery Projectile | 1.013 m/s | 76,3 km |

Kanada
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Rheinmetall AG